Weltfrauentag – 8. März 2016 : „Nein zu Sexismus – Nein zu Rassismus!“ —

Am 8. März feierte die ganze Welt den „Internationalen Frauentag“. Die Geschichte der Frauen ist je nach Land, Kontinent und Kultur unterschiedlich. In Oralkulturen wie in Afrika ist die Geschichte der Frauen zumeist im Verborgenen geblieben oder nach eurozentrischen Gesichtspunkten mit negativen Stereotypen dargestellt. Doch langsam kommt die Lebensgeschichte von Frauen immer mehr zum Vorschein. Frauen, die Vorbilder sind und dazu beigetragen haben, dem afrikanischen Kontinent ein anderes Antlitz zu geben. Sie tragen die Namen u.a. Nana Yaa Asantewaa, Aline Sintoe Djata, Ndatté Yalla und nicht zuletzt Wangari Muta Maathai — die Professorin, Umweltaktivistin und Friedensnobelpreisträgerin 2004, die 2011 verstarb.
Aber eins haben alle Frauen auf diesem Planeten gemeinsam: Sie sind betroffenen von sexualisierter Gewalt und wurden oder werden immer noch von patriarchalischen Strukturen daran gehindert, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
1980 ließ sich der Ehegatte von Wangari Maathai, der Professorin und Nobelpreisträgerin, scheiden – mit der Begründung, sie sei „zu gebildet, zu stark, zu erfolgreich, zu eigensinnig und zu schwer zu kontrollieren“.
Am Beispiel der geflüchteten Frauen wird klar, wie Frauen unter Machtstrukturen in ihren Rechten beschränkt werden. Geflüchtete Frauen nehmen gefährliche Fluchtwege in Kauf und streben nach einem besseren Leben in den Ankunftsländern. Doch die Realität sieht leider anders aus: Die Gefahren auf der Flucht beginnen bereits mit dem ersten Schritt, denn zu oft erleben Frauen und Mädchen sexuelle Übergriffe durch Schlepper. Manche müssen die Fahrkarte mit ihrem Körper bezahlen. Im Zielland angekommen, müssen schutzsuchende Frauen Brandanschläge, Gewalt und Rassismus fürchten. Schwerwiegende Traumata durch gefährliche Fluchtwege und einschneidende Erlebnisse werden so noch weiter verstärkt.
Diese traumatisierten Frauen trauen sich nicht, über ihre Erfahrungen zu sprechen. So waren wir dankbar von Betroffenen selbst zu erfahren, wie ihre Situation in den Unterkünften aussieht. Die sexuelle Belästigung erfolgt auch seitens der Sozialarbeiter oder Heimleiter, die ihre Machtposition schamlos ausnutzen. Während einer Berliner Veranstaltung der Europäischen Akademie für Frauen (EAF) in Zusammenarbeit mit dem Bundesfamilienministerium berichtete eine geflüchtete Kenianerin: „Die Heimleiter können zu jeder Zeit in unsere Zimmer eintreten — ohne anzuklopfen!“.
Sexuelle Belästigung und Gewalt durch andere Flüchtlinge oder durch Sicherheitspersonal waren bis vor Kurzem ein totgeschwiegenes Thema, denn die meisten Frauen waren davon überzeugt, dass eine Beschwerde bzw. eine Anzeige ihren Asylantrag gefährden würde. Manche Ehemänner bzw. Täter nützen diese Unsicherheit und den Mangel an Wissen aus und brauchten keine Strafe zu befürchten. Sie brachten somit ihre Frauen bzw. Schützlinge zum Schweigen.
Die Kommunen waren alle damit beschäftigt, überhaupt Unterkünfte für schutzsuchende Menschen zu finden und so wurden frauenspezifische Bedürfnisse gänzlich vergessen. Man spricht nur von „Flüchtlingen“ und vergaß, dass auch Frauen aus frauenspezifischen Gründen fliehen und in Deutschland Schutz suchen und Asyl beantragen möchten.
Gerade die Erstaufnahmeeinrichtungen klammerten die Frage der privaten Sphäre aus und boten so indirekt den Nährboden für sexuelle Belästigungen und gewalttätige Übergriffe: dunkle Gänge und gemeinsame bzw. nicht abschließbare Sanitärräume sind nachts für die geflüchteten Frauen und Mädchen unzumutbar. So wurden die Nächte für die geflüchteten Frauen zum Albtraum.
Die Residenzpflicht schränkt die Bewegungsfreiheit von Flüchtlingen ein. Dies hat gravierende Konsequenzen für die Frauen, die von Gewalt betroffen sind. Sie können nicht ohne Erlaubnis der Behörde den Ort verlassen und Schutz in Frauenhäusern suchen. Die EU-Aufnahmerichtlinie wurde am 26. Juni 2013 beschlossen. Sie regelt die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen.
EU-Aufnahmerichtlinie
Im zweiten Kapitel, Artikel 18, Absatz 4, heißt es:
„Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, damit Übergriffe und geschlechtsbezogene Gewalt einschließlich sexueller Übergriffe und Belästigung in den (…) genannten Räumlichkeiten und Unterbringungszentren verhindert werden.“

Diese EU-Richtlinie muss in allen europäischen Ländern und insbesondere in Deutschland umgesetzt werden. Die alltäglichen Bilder, die uns über die Medien erreichen, sprechen eine ganz andere Sprache.
Wir, engagierte Frauen, müssen an einem Strang ziehen. Wir stellen uns auf die Seite der geflüchteten Frauen und Mädchen, die Gewalt erlitten haben. Gegen sexualisierte Gewalt heißt: „Nein ist Nein“. Wir wollen, dass die hochgepriesene Willkommenskultur sich zu einem friedlichen Miteinander entwickelt — das bedeutet eine Gesellschaft ohne sexuelle Belästigung, körperliche Übergriffe, Pöbeleien und Rassismus.
Das positive Bild Deutschlands seit September 2015 soll auch für geflüchtete Frauen, die bei uns Schutz suchen, Realität werden und zu einer Oase des Friedens werden.
Daher sagen wir „Nein“ zu sexualisierter Gewalt und „Nein“ zu Rassismus!
Urheberin: Dr. Pierrette Herzberger-Fofana* — Erlangen, Deutschland
* Dr. Pierrette Herzberger-Fofana ist Stadträtin in Erlangen seit 2005 — „Grüne Liste„, „Bündnis 90/Die Grünen„. Sie ist 1.Vorsitzende von „FORWARD-Germany“ e.V., Stellvertretende Vorsitzende des „Migrantinnen-Netzwerks-Bayern“ e.V., Vorstandsmitglied von „DaMigra. Dachverband der Migrantinnenorganisationen“ e.V. undVorstandsmitglied von dem „Zentralrat der afrikanischen Gemeinde Deutschlands“ e.V. .
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