In Memoriam – Dr. Richard von Weizsäcker

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In Memoriam.

 

Richard von Weizsäcker:eine charismatische Figur Deutschlands (1920-2015) —

 

Dr. Richard von Weizsäcker (1920 - 2015) -- Präsidentschaft 1984 - 1994.
Dr. Richard von Weizsäcker (1920 – 2015) — Präsidentschaft 1984 – 1994.

Mit einem offiziellen Staatsakt am 11. Februar 2015 in Berlin nahm Deutschland Abschied von Altbundespräsident Richard von Weizsäcker. Bundespräsident Joachim Gauck würdigte den verstorbenen Altbundespräsidenten Richard von Weizsäcker als „großen Deutschen und herausragenden Bundespräsidenten“. 1400 Trauergäste haben sich in der Hauptstadt eingefunden.

In Marokko erfuhr ich, dass  der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker am Samstag – 31. Januar 2015 verstorben ist. Dies hat mich tief berührt. Unsere politischen Freunde hier in Marrakesch haben ihn auch in guter Erinnerung behalten. Denn seine vielbeachtete Rede vom 8.Mai 1985 anlässlich des 40. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkrieges ist in die Geschichte eingegangen. Sie wurde auch in mehrere Sprachen übersetzt.

 Eine moralische Instanz

Den 8. Mai 1945 bezeichnete Richard von Weizsäcker nicht als Tag der Niederlage — wie es damals galt–, sondern als „Tag der Befreiung“. Er erklärte dann: „Er [der 8. Mai 1945] hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“ Er fügte hinzu: „Als dann am Ende des Krieges die ganze unsagbare Wahrheit des Holocaust herauskam, beriefen sich allzu viele von uns darauf, nichts gewusst oder auch nur geahnt zu haben.“

In dieser Rede würdigte der Bundespräsident a.D. auch den Beitrag der „Trümmerfrauen“ zum Wiederaufbau Deutschlands: „Wenn aber die Völker an den Zerstörungen, den Verwüstungen, den Grausamkeiten und Unmenschlichkeiten innerlich nicht zerbrachen, wenn sie nach dem Krieg langsam wieder zu sich selbst kamen, dann verdanken wir es zuerst unseren Frauen.“

Und mit der Auseinandersetzung mit der Erinnerungskultur fuhr er fort:

Altbundespräsident Richard von Weizsäcker hält seine berühmte Rede am 8. Mai 1985 im Deutschen Bundestag in Bonn.
Altbundespräsident Richard von Weizsäcker hält seine berühmte Rede am 8. Mai 1985 im Deutschen Bundestag in Bonn.

„Der ganz überwiegende Teil unserer heutigen Bevölkerung war zur damaligen Zeit entweder im Kindesalter oder noch gar nicht geboren. Sie können  nicht eine eigene Schuld bekennen für Taten, die sie gar nicht begangen haben./ Kein fühlender Mensch erwartet von ihnen, ein Büßerhemd zu tragen, nur weil sie Deutsche sind. Aber die Vorfahren haben ihnen eine schwere Erbschaft hinterlassen./ Wir alle, ob schuldig oder nicht, ob alt oder jung, müssen die Vergangenheit annehmen. Wir alle sind von ihren Folgen betroffen und für sie in Haftung genommen.

[…] Wer aber vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart. Wer sich der Unmenschlichkeit nicht erinnern will, der wird wieder anfällig für neue Ansteckungsgefahren.

[…] Schauen wir am heutigen 8. Mai, so gut wir es können, der Wahrheit ins Auge.“

Diese Sätze sind in das kollektive Geschichtsbewusstsein der Menschen hierzulande übergangen. Damit verlieh er dem deutschen Volk ein neues Bewusstsein gegenüber seiner Geschichte — ein Akt der Versöhnung mit sich selbst. Richard von Weizsäcker  hat somit wesentlich zum Ansehen Deutschlands im In-und Ausland  beigetragen. Ein weltweit anerkannter und geschätzter Mann hat sich aus der politischen Bühne für immer zurückgezogen.

Seine Persönlichkeit, sein Charisma und nicht zuletzt seine Eloquenz prägten seine Amtszeit und beeinflussten mit visionären Reden auf eine positive Weise das politische Klima in Deutschland.

Politiker aller Couleur würdigten den Altbundespräsidenten. Die Bundeskanzlerin, Dr. Angela Merkel, erklärte: „Der Tod Richard von Weizsäckers ist ein großer Verlust für Deutschland. Richard von Weizsäcker war eine der wichtigsten und geachtetsten Persönlichkeiten unseres Landes.“

 Die Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter, teilten mit: „Wir haben einen wunderbaren Menschen, einen großen Staatsmann und einen Intellektuellen verloren. Seine moralische Integrität wird uns allen fehlen. Richard von Weizsäcker hat Deutschland verändert – und er hat das Bild von Deutschland verändert. Wie kaum ein anderer Politiker hat er in seiner Zeit als Bundespräsident Vertrauen in das demokratische Deutschland geschaffen. Sein stets offenes, sachliches und warmherziges Auftreten hat überall in der Welt Menschen ihre Vorbehalte und Ängste gegenüber unserem Lande genommen.“

Dr. Richard von Weizsäcker (rechts) und Dr. Pierrette Herzberger-Fofana (links)
Altbundespräsident Dr. Richard von Weizsäcker (rechts) und Dr. Pierrette Herzberger-Fofana (links) am 30. September 1999 in Nürnberg anläßlich der Verleihung des Menschenrechtspreises an Rechtsanwältin Fatimata Mbaye aus Mauretanien.

Internationale Auszeichnung

Richard von Weizsäcker ist Träger von mehr als 50 Auszeichnungen. 2009 zum Beispiel ist er mit der „Luther-Medaille der Evangelischen Kirche in Deutschland“ (EKD) für seine  besonderen Verdienste um den deutschen Protestantismus  ausgezeichnet worden. 2012 bekam er den Preis für „Verständigung und Toleranz des Jüdischen Museums“ Berlin.

Er ist auch Doktor honoris causa (Dr. h.c.) von  circa zwanzig Universitäten in der Welt: Grenoble, Danzig, Baltimore, Istanbul, Tokio …  1988 erhielt  er diesen Titel von der Universität von Nigeria – Nsukka.

Dr. von Weizsäcker suchte stets den Dialog mit allen Bürgerinnen und Bürgern. Seine Warmherzigkeit,  seine edlen Gesten und raffinierte Manieren und nicht zuletzt sein Charisma beeindruckten seine  Mitmenschen sehr.

Unser Gespräch  anlässlich der Verleihung des Menschenrechtspreises in Nürnberg an die Rechtsanwältin aus Mauretanien, Frau Fatima Mbaye,  wird mir ewig in Erinnerung bleiben. Altbundespräsident Richard von Weizsäcker war ein ehrenwerter Mensch. Ich fühle mich ihm besonders verbunden.

Sein politisches Vermächtnis an die Jugend ist in diesen Zeilen aus seiner Rede vom 8.Mai 1985 enthalten:

„Die Bitte an die jungen Menschen lautet:

Lassen Sie sich nicht hineintreiben in Feindschaft und Hass
gegen andere Menschen,
gegen Russen oder Amerikaner,
gegen Juden oder gegen Türken,
gegen Alternative oder gegen Konservative,
gegen Schwarz oder gegen Weiß.
Lernen Sie, miteinander zu leben, nicht gegeneinander.“

Mit Respekt und Dankbarkeit drücke ich seiner Gattin, seinen Kindern und seiner gesamten  Familie mein herzliches Beileid aus. Ich verneige mich vor dieser charismatischen Figur. Möge der Altbundespräsident in Frieden ruhen!

Urheberin: Dr. Pierrette Herzberger-Fofana

Stadträtin „Bündnis 90/die Grünen“ – “Grüne Liste

Grüne Liste Erlangen

Telefonnummer: 09131 30 21 52  

E-Post-Adresse: Herzberger-fofana@gl-erlangen.de


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